ZitatWas der kicker bereits am Sonntagabend berichtet hatte, hat Hertha BSC am Dienstag offiziell gemacht: Pal Dardai gibt seinen Trainerposten bei den Berlinern am Saisonende nach viereinhalb Jahren ab. Dem Verein bleibt er aber erhalten.
https://www.kicker.de/news/fus…-hoert-im-sommer-auf.html
Ich halte es ehrlich gesagt für eine Fehlentscheidung.
Es ist richtig, dass Hertha jetzt fünf Spiele am Stück verloren hat. Es ist richtig, dass Hertha bisher nur elf Punkte aus zwölf Spielen in der Rückrunde geholt hat, was definitiv zu wenig ist. Auch dass Hertha jedes Jahr wieder nach einer guten Hinrunde in der Rückrunde total einbricht, ist leider richtig. Ob es keine sportliche Weiterentwicklung mehr gibt, darüber lässt sich sicher streiten. Ich verstehe die Stimmen irgendwo, die das sagen. Auf der anderen Seite hatte Hertha gerade in der Hinrunde richtig starke Spiele, auch gegen Top-Mannschaften, wo ich eine klare Weiterentwicklung gegenüber dem Vorjahr sah. In der Rückrunde hat's für mich häufiger vor allem an der Einstellung der Spieler gefehlt. Man kann sicher auch argumentieren, dass das die Verantwortung des Trainers ist, dass er dafür sorgt, dass die Spieler selbst dann hungrig bleiben, wenn nichts mehr erreicht werden kann. In solchen Situationen ist man als Trainer halt echt eine "arme Sau", weil man ja selbst nicht auf dem Platz steht und man viel reden kann, aber die Spieler dann abliefern müssen.
Ich möchte aber dagegen halten: Hertha hat ein extremes Verletzungspech wie kaum ein anderer Verein. Hertha ist nicht so breit aufgestellt, dass man 20 Spieler auf gleich hohem Niveau hat. Hertha sieht sich als Ausbildungsverein und setzt viel auf junge Spieler. Um zu den Top-Mannschaften der Liga zu gehören, müsste Preetz dann doch deutlich mehr Geld für Transfers locker machen. Mit dem, was da war, hat Dardai meines Erachtens fast alles rausgeholt, was mit der Mannschaft möglich war. Erst den Abstieg verhindert und in der Folge nie mit dem Abstieg zu tun gehabt. Es ging sogar zweimal auf die internationalen Plätze. Da sind wir dann einmal in der Qualifikation ausgeschieden und einmal in der Vorrunde, was beides nicht unbedingt etwas ist, worauf man stolz sein kann. Aber dass wir es überhaupt dahin geschafft haben, ist bereits ein großer Verdienst von Dardai gewesen. Realistisch betrachtet hat Hertha mit der Mannschaft häufig über dem eigenen Limit gespielt, um überhaupt dahin zu kommen. Und man kann nicht erwarten, dass das immer funktioniert. Auch diese Saison war das Ziel Platz 9. Gut, das ist kaum noch möglich, aber Platz 10 ist auch nur zwei Punkte entfernt und wenn man schon im Niemandland der Tabelle ist, ist Platz 9 oder 10, ganz ehrlich, auch egal. Ist ja nicht so, als würde das den Unterschied zwischen 1. Bundesliga und 2. Bundesliga oder international und nicht international machen. Würde es am Ende Platz 15 werden, was ebenso keine größeren Auswirkungen hätte, das fände dann auch ich bedenklich. Aber auf Platz 10 statt auf Platz 9 stehen, vor allem bei den Ausfällen über die ganze Saison, halte ich für keine Tragödie, und ich glaube, dass das noch klappen kann.
Dardai mag nicht viele Stationen in seiner Karriere gehabt haben, ist aber extrem kompetent und ein guter Trainer. Das stellt man unweigerlich jedes Mal wieder fest, wenn er irgendwo er zu hören ist. Da wird dann selbst ein Sammer sprachlos, wenn Dardai argumentiert. Fachlich passt das definitiv.
Dazu kommt: Er war bereits als Spieler bei Hertha, ist seit 1997 im Verein, niemand in der gesamten Vereinsgeschichte hat so viele Spiele für Hertha gemacht wie Dardai, er hatte damals sogar ein Angebot der Bayern abgelehnt, um bei Hertha zu bleiben, Dardai war als Spieler schon Publikumsliebling und daran hat sich als Trainer nichts geändert. Bevor er Trainer der Profis war, war er Trainer der Jugend von Hertha. Auch seine Söhne spielen für Hertha. Dardai ist Hertha. Es gibt niemanden auf der Welt, der den Verein mehr verkörpert als er. Wer auch immer der Nachfolger wird, wird's also nicht einfach haben als direkter Dardai-Nachfolger. Im unruhigen Berliner Umfeld schon gleich doppelt nicht.
Hertha ist nicht Gladbach und der Anspruch geringer. Ich halt diese Entscheidung aber für ähnlich kurzsichtig wie die Entscheidung von Gladbach kürzlich. Ich lasse mich nur zu gerne eines Besseren belehren, aber ich bezweifle, dass ein neuer Trainer eine nennenswerte Verbesserung bringen kann. Ich habe die Befürchtung, dass hier seitens Vereinsführung Anspruch und Realität ein wenig auseinandergehen.
Dardai soll nach einer Pause übrigens wieder die Hertha-Jugend trainieren. Ich sag's ja: Er ist Hertha.