Marcteis Thread bzgl. des Handy Verbots brachte mich auf die Idee, dochmal diesen Artikel zu posten. Da ja seit Beginn des Schuljahres in NRW (oder sogar ganz Deutschland ? ) an Schulen absolutes Rauchverbot herscht.
ZitatAlles anzeigenSchüler rauchen munter weiter
Rauchverbot zeigt wenig Wirkung, führt aber zu Ärger mit den Nachbarns
VON JENS REICHENBACH UND ANDREAS PÜFKE
Auf die Straße verscheucht (FOTO: PÜFKE)
Gütersloh. "Eine Frechheit", erzürnt sich Gerhard Gaida beim Anblick einer Gruppe von rund 30 Schülern. Der 63-Jährige wohnt Tür an Tür mit dem Evangelisch Stiftischen Gymnasium (ESG). Seitdem dort – wie in allen Schulen Nordrhein Westfalens – nicht mehr geraucht werden darf, werden die Nachbarn in den Pausen von Schülern belagert, die mangels Alternative die Daltropstraße zum Raucherhof umfunktioniert haben.
"Ich habe im Prinzip nichts gegen Raucher," sagt Gaida, "aber die werfen ihren Dreck auf die Straße und in unsere Gärten. Nicht nur Kippen, auch Brötchentüten und weiß ich was – direkt vor mein Fenster."
Seit neun Monaten gilt in NRW auf allen Schulgrundstücken Rauchverbot – "über Ausnahmen entscheidet die Schulkonferenz", heißt es im Schulgesundheitsparagrafen 54. Darüber hinaus räumt das Gesetz den Schulleitungen eine einjährige Übergangsfrist ein, innerhalb derer die Neuregelungen umzusetzen sind. Mit anderen Worten: Bis zum 1. August 2006 kann, so die jeweilige Schulleitung das will, eigentlich alles beim Alten bleiben.
"Die Schulen sind Herr im eigenen Haus, und wir setzen auf Eigenverantwortlichkeit", sagt Andrej Priboschek, Pressesprecher des NRW-Schulministeriums. Die Erfahrungen seien "durchwachsen", räumt Priboschek ein: "Bei einigen Schulen gab es Erfolge, bei anderen hat sich gar nichts geändert."
Von "Eigenverantwortlichkeit" mag Dr. Ulrich Engelen nichts hören. "Die schieben uns den schwarzen Peter zu und sagen sinngemäß ,Seht zu, wie ihr damit klarkommt’", sagt der ESG-Schulleiter. Er begrüße prinzipiell das Rauchverbot ("und alles andere, was der Gesundheit dienlich ist"), halte die derzeitige Regelung aber für "realitätsfern und ärgerlich". Er kündigt an, gemeinsam mit Kollegium, Schülern und Eltern eine "pragmatische Lösung" zu finden, auch wenn das Ziel eine rauchfreie Schule bleiben müsse.
Inzwischen hat der Nikotin- Konflikt an der ESG-Grundstücksgrenze gar die Polizei auf den Plan gerufen. "Die fahren hier Streife und drohen uns mit Strafgeldern", erzählt eine der rauchenden Schülerinnen. "Angeblich behindern wir den Verkehr. Auf den Bürgersteig dürfen wir aber auch nicht, weil das schon Schulgelände sein soll."
Polizeisprecher Karl-Heinz Stehrenberg bestätigt die Einsätze in der Daltropstraße: "Es hat Beschwerden gegeben, vor allem wegen Verkehrsbehinderung." Der zuständige Bezirksbeamte werde das Gespräch mit Schule, Schülervertretern und Nachbarn suchen, so Stehrenberg. Sollten sich die Vorwürfe der starken Verunreinigungen bestätigen, müsse auch das Ordnungsamt informiert werden.
Auch an den anderen Schulen mit Sekundarstufe II steigt weiter blauer Dunst auf. "Unsere Schüler ziehen es vor, das Schulgelände zum Rauchen zu verlassen," sagt Dr. Siegfried Bethlehem, Leiter des Städtischen Gymnasiums, "obwohl die Elternvertreter zugestimmt haben, die ehemalige Raucherecke wieder frei zu geben." Mit dieser räumlichen Verlagerung sei das Problem nicht in den Griff zu kriegen, so Bethlehem: "Die erhoffte erzieherische Wirkung ist ausgeblieben."
"Wir halten gar nichts von Verboten dieser Art", bescheidet Dieter Olmesdahl knapp. Der Leiter des Reinhard-Mohn-Berufskollegs hat sich mit dem Kollegium darauf verständigt, die einjährige Frist des Schulministeriums bis zum letzten Tag auszureizen, weil "die Problematik mit den Anwohnern offensichtlich" sei. Olmesdahl: "Wir hoffen, dass man in Düsseldorf zur Vernunft kommt."
Am Carl-Miele-Berufskolleg wird aus dem selben Grund weiter geraucht, wie Schulleiter Heinz Driftmeier sagt: "Wir haben eine Raucherzone eingerichtet, weil zu befürchten war, dass die Schüler in die Nachbarschaft ausweichen." Und Christian Ladleif, Leiter der Janusz-Korczak-Gesamtschule, setzt mehr "auf Persönlichkeitsentwicklung und soziale Kompetenz statt auf Gesetze und Verbote".
Besonders kreativ geht die Anne-Frank-Gesamtschule mit dem Problem um. Hier bekommen die Schüler – mit Zustimmung der Eltern – "Raucherausweise". Damit erhalten sie Zutritt zur Raucherecke – nebst der Verpflichtung, regelmäßig "Hofdienst" zu leisten. Mit der geregelten Ausnahme vom allgemeinen Rauchverbot und der Müllbeseitigung nach dem Verursacherprinzip ist Schulleiterin Dr. Jutta Obbelode zufrieden: "Eine Flucht vom Schulgelände wäre die schlechtere Lösung gewesen", so die Schulleiterin.
Quelle: nw-news.de vom Samstag